Coffee-Trek durch Ruanda
Rückblicke

Coffee-Trek durch Ruanda

Kaffee, mein schwarzes Gold 🖤Rückblick: April 1014

Diese tolle Reise ergab sich ganz zufällig für mich: Ich machte einen "Barista@Home" Workshop und erfuhr, dass drei Wochen später ein Coffee-Trekk nach Rwanda geplant war, bei dem genau noch ein Platz frei war. Das war meiner 😊

Die Berlin School of Coffee veranstalte damals regelmäßig Reisen in Herkunfts­länder des Kaffees. Ziel war es, den Teilnehmern, zumeist Coffee-Profes­si­onals, die jeweils landes­eigene Methoden des Kaffee-Anbaus näher zu bringen und Fachwissen zu vermitteln.

Mein "Wissen" zu Kaffee beschränkte sich bis dahin lediglich auf den ständigen Genuss von starkem Espresso zu jeder Tageszeit. Um so spannender sollte diese faszi­nie­rende Reise für mich werden.

Rwanda - das Land der tausend Hügel

Ruanda ist ein wunder­schönes, kleines und leider viel zu dicht besiedeltes Land in Ostafrika. Von 1884 bis 1916 war es als Teil Deutsch-Ostafrikas deutsche Kolonie.

Vielen ist wahrscheinlich eher der für die Gorillas bekannte Nachbar Uganda bekannt. Aber auch Ruanda ist eine Reise wert!

Ich hab es als sehr grün und bunt erlebt. Fröhliche Menschen, eng mit der Natur verbunden und recht zufrieden mit ihrem einfachen Leben.

Bemer­kenswert: Bereits seit 2008 gibt es in Ruanda ein Plastik­tü­ten­verbot (!) und das wird auch streng eingehalten und kontrol­liert. Selbst für Touristen ist es nicht gestattet, Dinge in Tüten verpackt im Gepäck mitzuführen.


Genozid 1994

Ich vermag nicht in wenige Worte zu fassen, was 1994 wirklich passiert ist. Fakt ist, dass damals ein Bürgerkrieg in einem entsetz­lichen Völkermord unfassbaren Ausmaßes gipfelte. Nach dem 7. April 1994 kamen innerhalb von 100 Tagen ca. 1 Million Menschen um, ermordet von Nachbarn und z.T. sogar eigenen Famili­en­mit­gliedern.

Was ich aber durchaus so sagen kann: Wir haben alle hilflos zugeschaut. Oder eher doch weggeschaut. Die ganze westliche Welt ist nicht einge­schritten, hat dieses Massaker nicht verhindert. Ich war damals 24 Jahre alt und kann mich ehrlich gesagt kaum daran erinnern.

“20 Jahre nach dem Völkermord erfindet sich das Land neu, vor allem die Jugend hat keine Lust mehr auf Trauer. Aber lässt sich die Vergan­genheit so leicht abschütteln?” schrieb die TAZ am 6. April 2014 auf ihrer Titelseite. Diese Frage versucht die TAZ sehr ausführlich und lesenswert zu beantworten. Zum Schluss hieß es: “Von den aufge­hetzten Jugend­banden, die 1994 mit Macheten durch das Land zogen, sind wir Lichtjahre entfernt.”

In der Tat hat sich das Land in den Jahren seit dem Bürgerkrieg enorm entwickelt und gehört mit durch­schnittlich 8 Prozent Wirtschafts­wachstum zu den am stärksten wachsenden Ländern Afrikas. Allerdings steht die autoritäre Regierung in der Kritik wegen mangelnder Presse­freiheit, Unter­drü­ckung der Opposition, Manipu­lation von Wahlen und der Desta­bi­li­sierung des Ostkongo.

Was mich tief beeindruckt hat: Wie dieses Land es schafft nach den Greueltaten des Genozids wieder friedlich zusammen zu leben und zu verzeihen.

Ich glaube, wer Ruanda bereist, kommt nicht umhin, sich mit diesem Thema auseinander zu setzen. Wir haben direkt am ersten Tag das Memorial Center in Kigali besucht. Das ist keine leichte Kost.

Wer möchte, hier gibt es fundierte Infor­ma­tionen zu den Gescheh­nissen: 
https://de.wikipedia.org/wiki/V%C3%B6lkermord_in_Ruanda

Krasses Detail: Auffällig ist, dass es in Ruanda so gut wie keine Hunde gibt. Das liegt zum einen daran, dass die Menschen gerade mal selbst genug zu essen haben. Aber man kennt das aus vielen armen Ländern ja auch ganz anders! Der Hauptgrund liegt in der Geschichte des. Genozids. Während der Massaker waren damals viele Hunde herrenlos und haben ausge­hungert bwie sie waren Geschmack an Menschen­fleisch gefundenund sich über die überall herum­lie­genden Kadaver der Opfer hergemacht. Daraufhin wurden alle Hunde erschossen. Inzwischen gibt es wohl wieder einige erste Hunde­lieb­haber in dem Land.


Baustellen, Trans­port­mittel und andere Kurio­si­täten

Die Ruandesen sind wie alle armen Völker sehr erfin­de­risch und pragmatisch was ihr alltäg­liches Leben angeht. 

Hier habe ich ein paar Szenen eingefangen, die mich einerseits Schmunzeln ließen anderer­seits auch besorgten.

Schlimm: Touristen haben sich angewöhnt, den Kindern aus den Autos ihre leeren Plastik­fla­schen zu reichen. Diese sind in Ruanda sehr wertvoll, da sie die beste Möglich­keiot darstellen, Wasser zu trans­por­tieren und teilweise werden sie auch als Baustoff verwendet. Daher rennen die Kinder immer neben den teuren Autos der Touristen her, in der Hoffnung ein Geschenk zu bekommen. Und täglich kommen dabei Kinder unter die Autos und sterben.


Ich hatte keine Idee, wie aufwendig Kaffee Anbau und Ernte sind!

Die Kaffee­kir­schen wachsen an Bäumen, die viele Jahre brauchen bis sie gute Früchte tragen. Geerntet werden nur die reifen und dunkelroten Kiirschen und genau das macht die Arbeit so aufwändig, da die Kirschen unter­schiedlich schnell reifen und deshalb per Hand einzeln geerntet werden müssen. Beschwerlich hinzu kommt, dass die Plantagen fast immer an Hängen liegen.

Bei unserem Besuch einer Plantage in Karengera auf ca. 1.800 Metern haben wir Pflück­dienst geleistet. Es hieß: "Nur die roten, keine grünen und auch keine Stengel abreißen!" Wir also los, in den Hang. Wir hatten zwar unseren Spaß. Aber das Ergebnis unserer Ernte war eher ein symbo­li­scher Akt als ein echter Ertrag 🤷‍♀️ Wir haben zu zehnt in fast einer Stunde nicht mal diesen Wäschekorb voll gekriegt. Gut, dass wir nicht davon leben müssen...

Ich zolle allen Pflückern wirklich großen Respekt!


Washing Stations

In den sogenannten Washing Stations werden die gernteten Kirschen gewogen und begutachtet und im Zweifel noch einmal nachsor­tiert. Und hier werden im dann auch die Pflücker bezahlt (in Kilogramm der reifen Kirschen). Das heißt sie müssen ihre Ernte auch oft noch viele Kilometer tragen, um sie zur Washing Station ihrer Plantage zu bringen.

Dann wird als erstes das Frucht­fleisch von den Kernen getrennt. Die sogenannte Entpul­pungs­ma­schine ist das maschinelle Herzstück jeder Washing-Station uns sieht auf jeder Plantage etwas anders aus.

Danach wird diese Masse aus Frucht­fleisch und Kernen (Bohnen) in verschie­denen Becken mit Wasser gemischt und einige Tage oder sogar Wochen zum Gären gebracht. Die genaue Abstimmung ist hier entscheidend.

Später werden die fermen­tierten Kirschen mit viel Wasser durch etliche Bassins geschwemmt um die Kirschen vom Frucht­fleisch zu trennen. Das Frucht­fleisch wird abgeschöpft und verwest später in riesigen Bergen. Teilweise dientb es als Dünger.


Verdammt viel Handarbeit

Übrig bleiben die Kirschen. Diese werden dann zum Trocknen in der Sonne auf großen Planen ausge­breitet und müssen bei jedem Regen (es regnet jeden Tag!) abgedeckt werden. 

Per Hand werden dann alle Planen akribisch verlesen und alle minder­wer­tigen Bohnen aussortiert. Was für eine Arbeit! Aber wenige Fehlbohnen können ganze Chargen geschmacklich verderben.

Die verlesenen und getrock­neten Bohnen werden dann zur Weiter­ver­a­r­beitung in Säcke gefüllt und zu den Dry Mills trans­por­tiert. Dort werden sorgfältig die Silber­häutchen, die die Bohne umgeben, entfernt. Das ist wichtig, weil diese sehr bitter schmecken und bei der Röstung sofort verbrennen würden. Und so entsteht endlich der grüne Rohkaffee, den wir importieren können.

Anschließend werden sie in verschiedene Qualitäten (größe in Millimeter) sortiert. Für die Röstung ist es entscheidend, dass die Bohnen gleich groß und schwer sind. Ähnlich wie beim Kartoffeln Kochen erhält man nur dann ein gleich­mä­ßiges und gewünschtes Ergebnis.


Weiter­ver­a­r­beitung und Export

Exportiert wird grund­sätzlich immer der Rohkaffee und geröstet wird in dem Land, in dem der Kaffee verkauft und verzehrt wird.

Ich habe gelernt: Die Qualität des Kaffees wird durch sehr viele Faktoren bestimmt:

  • die Kaffeesorte
  • der Anbau-Boden
  • die Reife der Kirschen
  • die saubere Trocknung
  • die gründliche Sortierung
  • und schließlich auch die fachkundige und indivi­duelle Röstung

Interessant iund irgendwie auch traurig ist, dass die meisten Herkunfts­länder gar keine "richtige" eigene Kaffee­kultur haben und in der Regel auch nur die 2. Wahl ihres tollen Kaffees im Land behalten.


Cupping - der Geschmack von Kaffee

Das sogenannte Cupping ist eine ganz besondere Zeremonie.

„Hmmm, schmeckst du das?“ Ein Hauch von Nougat, eine würzige Note und viele andere besonderen Aromen kann Kaffee bieten.

Jede Gegend und jede Plantage hat ihre eigenen Charak­te­ris­tiken. Die Kaffee­va­ri­e­täten, die Boden­be­schaf­fenheit, das Klima und die spezi­a­li­sierten Aufbe­rei­tungs­tech­niken der einzelnen Kaffee­farmer bringen sehr unter­schied­liche Geschmack­s­er­leb­nisse hervor. Kaffee­kenner können diverse Aromen schmecken und sehr detailliert diffe­ren­zieren. Es gibt sogar richtige Meister­schaften darin!

Ein profes­si­o­nelles Cupping ist ein aufwändiger Prozess, in dem verschiedene Kaffee­sorten neben­ein­ander verkostet werden:

Erst werden die unter­schied­lichen Sorten Kaffee­bohnen identisch gemahlen. Dann mit Wasser von einer exakten Temperatur aufgegossen, dann wird das Pulver abgeschöpft. Während­dessen wird gerochen und geschlürft, was das Zeug hält. 

Wer mehr erfahren möchte, hier wird die Kunst der Verkostung genau beschrieben:
https://www.roest­staette.com/specialty-coffee/tasting/


Hinweis: Ich bin immer noch keine Kaffee-Fachfrau und bitte zu entschul­digen, dass ich vielleicht das ein oder andere Detail nicht 100 prozentig fachlich korrekt beschrieben habe. Es soll vielmehr allen leiden­schaft­lichen Kaffee­trinkern ein klein wenig die Welt des Kaffees eröffnen und Bewusstsein für den Wert von gutem und handge­machtem Kaffee schaffen.


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