Wie Unternehmen von ernsthafter Haltungskommunikation profitieren können
Wir leben in einer krisengeschüttelten Welt: Klimawandel, Wirtschaftskrisen, geopolitische Spannungen und Kriege verunsichern viele Menschen und erschüttern zunehmend das Vertrauen in staatliche Organisationen.. Gleichzeitig beeinflussen Internet, Smartphones und Social Media soziale Beziehungen, Wissen, psychische Gesundheit und demokratische Stabilität.
Rechtsextreme und populistische Stimmen verbreiten Desinformation und Verschwörungserzählungen und unsere Gesellschaft driftet auseinander. Aktuell erleben wir wohl erstmalig in der Geschichte der Bundesrepublik, dass unsere Demokratie nicht unverwundbar, nicht selbstverständlich ist.
Hier können und sollten Unternehmen und Führungskräfte eine wichtige Rolle ausfüllen und sich im Sinne demokratischer Grundwerte in gesellschaftliche Verantwortung übernehmen.
Die Zeiten von „The business of business is business" sind vorbei. Politische Neutralität war lange Zeit das Credo vieler Unternehmen und Unternehmenslenker. Und auch wenn es bequem scheint, ist es keine Lösung mehr. Unternehmen haben eine Vorbildfunktion und ihre Stimme hat Gewicht. Insbesondere Mitarbeiter erwarten, dass sie diese auch nutzen, um einen positiven Beitrag für das Gemeinwohl zu leisten.
Umgekehrt wird dauerhaftes Schweigen als Zeichen von Gleichgültigkeit und fehlender Moral interpretiert.
Branding with Standing bedeutet, eine Marke mit klaren, standhaften Werten aufzubauen, die in allen Unternehmensaktivitäten konsequent zum Ausdruck kommen.
Von Führungspersönlichkeiten wird heutzutage erwartet, dass sie zu aktuellen Themen Stellung beziehen. Sie haben die Kraft, die Mittel und einen Anlass zu den drängenden Fragen unserer Zeit, einen Beitrag zu leisten. Tun sie dies nicht, wird dies als Schwäche wahrgenommen und kostet Vertrauen und Reputation. Ohne klare Kommunikation verlieren Unternehmen ihre Glaubwürdigkeit und riskieren, irrelevant zu werden.
Unternehmen sind politische Akteure
Unternehmen sind wichtige Bestandteile der Gesellschaft und stehen in direkter Wechselwirkung mit dem politischen Umfeld. Sie können nicht isoliert vom sozialen und gesellschaftspolitischen Leben betrachtet werden. Als zentrale Akteur:innen im Wirtschaftskreislauf beeinflussen sie das tägliche Leben ihrer Mitarbeitenden in großem Maß.
Politisch zu sein, bedeutet im Grunde nichts anderes, als im Diskurs mit verschiedenen Teilgruppen und Interessen unserer Gesellschaft zu stehen. Sich für die „richtige“ Sache einzusetzen, zeugt von Rückgrat und Ernsthaftigkeit.
Eine funktionierende Demokratie ist der Nährboden für wirtschaftlich gut situierte Unternehmen. Sie ist die Basis für unseren Wohlstand.
Unternehmen sind wichtige Bestandteile der Demokratie: wo unterschiedlichste Menschen aufeinandertreffen und viel Zeit miteinander verbringen, wo diskutiert und gestritten wird, wo Innovationen entstehen, wo Integration stattfindet. Konfliktforscher halten daher besonders kleine und mittlere Betriebe für wichtige Orte, wo Grundwerte und -normen verhandelt und Demokratie gelebt werden kann.
Zukunftsfähigkeit heißt: Verantwortung übernehmen, Stellung beziehen und Haltung zeigen.
Gleichzeitig haben Themen wie Gerechtigkeit, Gleichstellung, Menschenrechte und Fairness auch eine große wirtschaftliche Bedeutung. Jedes Unternehmen ist letztlich nur so erfolgreich, wie es der Zustand des Staates und der Gesellschaft zulassen. Sich darum nicht zu scheren, wäre nicht nur verantwortungslos, sondern auch kurzsichtig.
Bevölkerung erwartet Stellungnahme
Schon Jahre vor den Enthüllungen des correctivs Anfang 2024 hatten Studien belegt, dass jeder zweite Deutsche es begrüßt, wenn Unternehmen politisch Haltung zeigen. Je nach Studie sind es inzwischen sogar bis zu 75% der Deutschen, die von Marken eine klare Positionierung erwarten. 62 % der Mitarbeiter erwarten, dass ihre CEOs auf wichtige gesellschaftliche Themen wie Klimawandel, soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte eingehen und Maßnahmen ergreifen, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zu gewinnen.
(Quellen: Publikation Civey:„Marken als politische Akteure”, Edelmann Trust Barometer 2023 + 2024, Meaningful Brand Studie)
Leadership muss dies leisten (können)
Wir erleben aktuell eine massive Spaltung der Gesellschaft, in der ein zielführender Diskurs kaum mehr möglich scheint. Wer, wenn nicht starke Führungspersönlichkeiten, können es schaffen, im Unternehmen Möglichkeiten für Meinungsäußerung und Dialog zu schaffen. Um damit ein verbindendes Instrument zu etablieren.
Die Perspektive der Führungskraft ist NICHT die (ganze) Wahrheit. Das bedeutet, dass Mitsprache neu organisiert werden muss. Mitarbeitenden sollte Handlungsspielraum gegeben werden, auch wenn dies eine Herausforderung darstellt. Insbesondere in starre Hierarchien ist dies nicht einfach umzusetzen. Es wird Gegenwind geben, so oder so. Da ist echtes Leadership gefragt.
Unternehmen profitieren vielfach
Unternehmen, die Haltung in ihre Strategie aufnehmen und sich für Demokratie, Vielfalt und freiheitliche Grundrechte einsetzen, machen sich nicht nur für das Gemeinwahl stark sondern profitieren in vielen Bereichen.
Denn Menschen schauen bei Marken nicht nur auf das Produkt oder die Dienstleistung sondern legen auch Wert auf ethische Prinzipien. Und dass dies nicht nur im Handel oder bei B2C Brands so ist, kommt langsam auch im B2B Mittelstand an.
Kundenbindung und -loyalität
Unternehmen mit klarer Haltung schaffen oft eine stärkere emotionale Verbindung zu ihren Kunden und laden ihre Marke mit positiven Werten auf.
Menschen fühlen sich grundsätzlich zu Marken hingezogen, die ähnliche Werte wie sie selbst vertreten. Diese Verbindung kann zu einer höheren Kundenloyalität führen, da Konsumenten eher bereit sind, Marken, die sie ethisch oder ideologisch unterstützen, langfristig treu zu bleiben.
Studien deuten auch darauf hin, dass Marken, die es schaffen, einen positiven Beitrag zu leisten und ihren Kunden und Mitarbeitern echten Mehrwert bieten, von diesen besonders geschätzt werden. Werte wie Nachhaltigkeit und Inklusive entscheiden immer öfter über eine Kaufentscheidung, denn Kunden setzen sich im Vorfeld vermehrt mit der Brand, der Identität und den Praktiken des Unternehmens auseinander.
Differenzierung im Markt
In gesättigten Märkten kann eine klar kommunizierte Haltung eine Marke von der Konkurrenz abheben. Kunden erkennen und schätzen Originalität und Echtheit, was die Identifikation mit dem Unternehmen erhöht und die Markenpräferenz beeinflussen kann. Haltung steht für Rückgrat und Charakter, was nicht nur positiv wahrgenommen wird, sondern auch stabile Kundenbindungen und nachhaltiges Wachstum fördert.
Marken ohne erkennbare Haltung hingegen werden oft als austauschbar, weniger vertrauenswürdig oder nur von Profit getrieben wahrgenommen. Sie laufen Gefahr, in einem zunehmend werteorientierten Marktumfeld an Relevanz zu verlieren.
Unternehmen mit Haltung vermitteln Sinn
Unternehmen mit Haltung gewinnen an Purpose, weil sie Klarheit in ihre Werte und Ziele bringen.
Wenn ein Unternehmen eine klare Haltung einnimmt, zeigt es, wofür es steht – und wofür nicht. Das schafft Vertrauen und zieht genau die Menschen an, die sich mit den Werten des Unternehmens identifizieren. Dadurch wird der Purpose nicht nur eine leere Phrase, sondern zu einem gelebten Versprechen, das in allen Bereichen des Unternehmens spürbar ist.
Für eine konsistente und glaubwürdige Markenführung ist es allerdings wichtig, die zwei Begriffe „Purpose“ und „Haltung“ differenziert voneinander zu betrachten, auch wenn sie sich im Ergebnis gegenseitig bedingen:
Haltung beschreibt die innere Grundeinstellung eines Unternehmens, das Selbstverständnis und den Weltbezug. Sie prägt das Denken und Handeln.
Purpose ist der Grund, warum ein Unternehmen existiert, also die Motivation hinter seinen Produkten oder Dienstleistungen. Es ist die übergeordnete Daseinsberechtigung, die über die Gewinnorientierung hinausgeht und sich auf Sinnhaftigkeit und Sinnstiftung für Mitarbeiter, Kunden und Gesellschaft bezieht. Purpose sollte eng mit der eigentlichen Leistung des Unternehmens verknüpft sein, ohne künstlich erzwungene oder austauschbare Definitionen zu schaffen.
Wahrnehmung als attraktiver Arbeitgeber
Unternehmen mit Sinn, die eine klare Haltung vertreten, werden als Arbeitgeber attraktiver und können im Wettbewerb um begehrte Fachkräfte punkten. Sie ziehen Mitarbeiter an, die diese Werte teilen und sich stark mit der Mission des Unternehmens identifizieren.
Dies kann zu höherer Mitarbeiterzufriedenheit, niedrigeren Fluktuationsraten und einer stärkeren internen Kultur führen.
Einfluss auf gesellschaftliche Themen
Unternehmen mit Haltung nehmen oft eine aktive Rolle in gesellschaftlichen Diskussionen ein und beeinflussen diese durch ihr Engagement und ihre Innovationskraft. Sie nutzen ihre Sichtbarkeit, um auf wichtige Themen aufmerksam zu machen und positive Veränderungen zu fördern.
Damit profitieren sie gleichzeitig von positiven, politischen Verhältnissen und der Aufwertung des Standorts Deutschlands.
Krisenresilienz
Unternehmen mit einer starken, authentischen Haltung treten in Krisenzeiten robuster auf. Ihre klaren Werte bieten einen festen Ankerpunkt, an dem sich Mitarbeiter wie auch Kunden oder Geschäftspartner in unsicheren Zeiten orientieren können. Dies hilft nicht nur bei der Bewältigung von Krisen, sondern kann auch das Vertrauen der Stakeholder stärken.
Unternehmen, die für ihre Werte einstehen, genießen häufig ein höheres Maß an Vertrauen in der Öffentlichkeit. Dies kann insbesondere in Zeiten gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Unruhen von Vorteil sein.
Prominente Beispiele
Hier ein paar Beispiele von Unternehmen, die deutlich Stellung bezogen haben und mutig voran gehen im Kampf gegen Rechtsextrem. Respekt! So geht Haltung 👍
Evonik-Chef warnt vor Wohlstandsverlust durch AfD-Politik
Der Chef des Chemiekonzerns Evonik Christian Kullmann warnt vor dramatischen Folgen, die die AfD-Politik für Deutschland hätte. Bei den Protesten gegen den AfD-Parteitag Ende Juni unter dem Motto „Kein Raum für Hass und Hetze“ als Redner eines der prominenten Gesichter. "Man müsse allen klarmachen, wofür diese Partei eintritt und was das für Deutschland bedeuten würde: schwerwiegendste Verwerfungen und dramatische Wohlstandsverluste."
CEO Burgerking Deutschland
Jörg Ehmer setzt sich öffentlich gegen Rechtsextremismus ein, indem er klare Positionen bezieht und entsprechende Unternehmensrichtlinien durchsetzt. Mit den Worten "Auf diesen Umsatz verzichten wir gerne!" gibt er seinen Mitarbeitern vor, dass jeder Gast, der sich daneben benimmt, rausgeschmissen wird. Er steht für klare Kante auch hinsichtlich der Gleichbehandlung im Unternehmen ein und schreckt nicht davor zurück, Mitarbeiter zu kündigen, die sich nicht daran halten.
Oliver Blume, VW- und Porsche
VW- und Porsche-Chef Oliver Blume beteiligte sich an einer Demonstration gegen Rechtsextremismus und die AfD und setzt sich aktiv für demokratische und freiheitliche Grundwerte und den den Zusammenhalt in unserer gesamten Gesellschaft ein. Er betont, dass er genau darin seine Aufgabe eines Unternehmensvertreter sieht: "Vom Fortbestand dieser Werte hängen Arbeitsplätze, Wohlstand und das soziale Miteinander in Deutschland ab."
Dr. Stefan Traeger, Jenoptik (Thüringen)
Vorstandsvorsitzende von Jenoptik Dr. Stefan Traeger richtet seinen Appell an die Gesellschaft: „Die AD ist nicht meine Partei … wir wollen den Menschen sagen: überlegt euch, was wir brauchen, um erfolgreich zu sein hier in Thüringen und welche Partei Offenheit reflektiert!“ Der Weltmarktführer im Bereich Photonik ist aktives Mitglied der Demokratiebewegung „Verein Weltoffenes Thüringen“ und setzt sich öffentlich wirksam für eine stabile Demokratie, Vielfalt und Toleranz ein. So ist gesellschaftliche Haltung zum festen Bestandteil des Markenkerns geworden.
Reinhold Würth
Bereits im März hatte sich der Unternehmer Reinhold Würth in einem Brief an die Belegschaft des Würth-Konzerns dazu aufgefordert, nicht die AfD zu wählen. Er warnt davor, die AfD schüre Misstrauen gegen jedermann. "Es gibt Anzeichen, dass die Werte des Grundgesetzes unterwandert werden" und hält der wachsenden Ausländerfeindlichkeit entgegen: "Wir wären ohne Zuwanderung niemals die drittgrößte Industrienation der Welt geworden." Der 89-Jährige, dessen Unternehmen Weltmarktführer in der Produktion und dem Vertrieb von Montage- und Befestigungsmaterial ist, schätzt, dass rund 30 Prozent seiner Belegschaft ursprünglich aus dem Ausland stammen. Würden sie wegfallen, wäre das eine "helle Katastrophe".
Edeka
Der Handelsriese Edeka zeigt bereits vor 6 Jahren in einem Social Media Video fast leere Supermarktregale mit dem Hinweis: "Wir lieben Vielfalt und stehen auf gegen rechts". Das Unternehmen hat für das Video einen ganzen Supermarkt leergeräumt und nur die Produkte stehen lassen, die ausschließlich in Deutschland produziert wurden. Das Ergebnis: verwunderte Kunden, die durch einen Supermarkt mit fast leeren Regalen laufen.
Prominenter Fail
Der Fall Barilla
Welche fatalen Konsequenzen es haben kann, wenn ein Unternehmen seine Haltung zu gesellschaftlichen Themen nicht klar definiert, zeigte sich vor einigen Jahren bei Barilla:
Der weltmarktführende Nudelproduzent aus Italien, der sich traditionell mit Themen wie Familie verband, galt bisher als unparteiisch und nicht dem konservativen Spektrum zugehörig. Jedoch löste ein Radio-Interview des CEOs im Jahr 2013, in dem er sich abwertend gegenüber Homosexuellen äußerte und sagte, er könne sich nicht vorstellen, mit ihnen zu werben, da Barilla Produkte für Familien herstellt und Homosexuelle seiner Meinung nach nicht dazu gehören würden, einen massiven Skandal aus.
Dieser Kommentar, der direkt LGBTQ-Rechte und Repräsentanz berührte, führte zu einem radikalen Wandel in der öffentlichen Wahrnehmung von Barilla von neutral zu konservativ oder sogar rechts. Es folgte ein heftiger medialer Shitstorm und Boykottaufrufe gegen das Unternehmen. Der CEO musste sich öffentlich entschuldigen, und nach einem späteren Managementwechsel veröffentlichte Barilla eine Sonderedition der Nudeln mit einem lesbischen Paar auf der Verpackung, um ein klares Statement zu setzen.
Barilla nutzte die PR-Krise als Chance, sich zu liberalen Werten zu bekennen, was von der Öffentlichkeit weitgehend akzeptiert wurde. Dadurch zeigte sich, dass auch ein Unternehmen aus Fehlern lernen und sich weiterentwickeln kann.
Haltungskommunikation braucht Strategie
Achtung: Haltung ist keine Marketing-Disziplin (!) und sollte nicht nur zu kommunikativen Zwecken eingesetzt werden. Sie ist kein Trend, auf den man mal kurzfristig aufspringt, sondern muss der Kultur eines Unternehmens entsprechen und quasi als DNA verankert sein. Unternehmen, die eine Haltung nur aus PR-Gründen annehmen, laufen Gefahr, als unglaubwürdig wahrgenommen zu werden.
Haltung in der Unternehmenskommunikation kann ein wichtiger Baustein in der Kommunikationsstrategie sein, wenn sie wohl überlegt und zu Ende gedacht ist.
Bei Haltungskommunikation geht es darum, klar und einfach zu sagen, was einem Unternehmen wichtig ist und was wir wertschätzen. Und zwar so, dass Mitarbeiter und Kunden einen klaren Überblick darüber haben, was wir sagen, was wir anbieten, wie wir handeln und was wir wertschätzen.
Haltung entsteht nur aus langfristig gelebten Werten.
Die Umsetzung einer glaubwürdigen Haltungskommunikation gehört in professionelle Hände. Den wenn hier handwerkliche Fehler gemacht werden, kann das schnell nach hinten losgehen.
✴️ Tipp: erst Handeln dann Reden
Haltung ist nicht zu verwechseln mit Solidaritätsbekundungen. Sie sollte erst kommuniziert werden, wenn sie sich auch im Verhalten, also innerhalb des Unternehmens zeigt und durch relevante Beispiele belegt werden kann.
Konstruierte Werte, die im Unternehmen keine Bedeutung haben oder ständig missachtet werden, spiegeln NICHT die eigene Haltung wieder.
Unternehmen sind gut beraten, sich ein sogenanntes Leitbild zuzulegen und grundlegende Prinzipien nicht nur für ihre Kommunikation sondern für das gesamte Handeln zu verabschieden.
Authentizität: Die Werte und der Purpose des Unternehmens müssen authentisch sein und sich in jedem Aspekt der Geschäftstätigkeit widerspiegeln. Es geht darum, dass die Werte nicht nur kommuniziert, sondern auch gelebt werden.
Echtes Engagement: Es reicht nicht aus, nur zu kommunizieren. Unternehmen müssen auch handeln. Das kann bedeuten, in Initiativen zu investieren, die die eigenen Werte unterstützen, oder interne Prozesse zu ändern, um diese Werte zu reflektieren.
✴️ Tipp: keine parteipolitischen Äußerungen
Position beziehen heißt nicht, sich in den Kampf zwischen Schwarz und Rot, Grün oder Gelb zu stürzen. Es geht nicht darum, parteipolitische Meinungen zu vertreten oder zu verteidigen.
Es geht um Haltung, nicht um Partei-Politik! Unternehmen sind keine Parteien und müssen keine Wähler überzeugen. Sie müssen unterschiedliche Meinungen aushalten - aber keine antidemokratische Haltung.
Haltung einzunehmen, heißt zu gesellschaftlich relevanten Themen Stellung zu beziehen, zum Beispiel:
- Weltoffenheit und Toleranz oder Ausländerfeindlichkeit und Rassismus
- Klimawandel und Nachhaltigkeit
- Vielfalt und Inklusion oder Diskrimierung von Minderheiten
- Hass und Hetze, Aufrufe zu Gewalt
- Verteidigung der Meinungsfreiheit und eines unabhängigen Journalismus
- Geschichtsleumdnung, Verherrlichung des Nationalsozialismus
- Fake News und Desinformation
- Krieg in der Ukraine, Verteidigung unserer Freiheit
- Migration und Integration
- Verschwörungstheorien, Impfdebatten,...
Bei diesen Themen geht es darum, wie wir als Gesellschaft miteinander umgehen, nicht nur, wenn wir einer Meinung sind, sondern vor allem wenn nicht.
Eine klare Haltung einzunehmen bedeutet nicht, sich zu jedem Thema zu äußern.
✴️ Tipp: einen Rahmen definieren
Kein Unternehmen kann alle politischen Standpunkte seiner Angestellten vertreten.
Mitarbeitende lassen sich nicht daran hindern, sich zu brisanten Themen zu äußern. Man kann politische Äußerungen und Meinungen nicht verbieten, da die Abgrenzung nicht klar gelingt.
Daher braucht es einen unparteiischen Ansatz, der auf Toleranz und Respekt basiert. Andersartige Meinungen müssen akzeptiert werden. Gleichzeitig müssen klare Grenzen zu Themen wie Menschenrechte, Rassismus und Aufrufe zu Gewalt gezogen werden.
Ein festgelegter Rahmen hilft, konsistent in allen Unternehmensbereichen zu kommunizieren. Das bedeutet, dass die internen Prozesse, die Produktentwicklung, die Mitarbeiterführung und die Kommunikation nach außen alle denselben Werten und Maximen folgen müssen.
✴️ Tipp: Wichtige Fragen klären
Wer kommuniziert? Werte können am glaubwürdigsten von beteiligten Personen vermittelt werden. Führungskräfte sollten als Haupterzähler und Vorbilder agieren. Ihre Geschichten und Verhaltensweisen können als lebende Beispiele für die Werte dienen.
Welche Themen werden erzählt? Werte effektiv zu erzählen, erfordert Kreativität und Einfühlungsvermögen. Persönliche Geschichten sind greifbar und emotional ansprechend. Nutze echte Beispiele von Mitarbeitern oder Kunden, die die Werte durch ihr Handeln zum Ausdruck bringen.
Welche Zielgruppen sollen in welchem Kontext erreicht werden? Hier entscheidet sich, auf welchem Kanal, in welchem Medium, bei welchem Anlass und mit welchen Maßnahmen kommuniziert werden soll.
Wie werden die Geschichten aufbereitet? Setze auf eine Mischung aus Text, Video und Audio, um die Werte vielschichtig und unterhaltsam zu vermitteln. Videos, in denen Mitarbeiter oder Kunden auftreten, können besonders überzeugend sein.
✴️ Tipp: echte Werte zeigen sich in der Unternehmenskultur
Wichtig ist, dass Haltung glaubwürdig durch Unternehmenshandlungen gestützt wird. Werte legen fest, welches Verhalten im Unternehmen erwünscht ist – und welches nicht. Das heißt, es gibt Prinzipien und Regeln, was diese Werte bedeuten, wie sie eingehalten werden und auch, was passiert, wenn gegen sie verstoßen wird. Dabei sollten Mitarbeitende unbedingt mit einbezogen werden.
„Wir tun dies, weil …“ oder „Wir tun dies nicht, weil …“ sind gute Wegweiser.
Wie Unternehmen zu ihren Werten stehen, zeigt sich vor allem dann, wenn es mal schwierig wird und unterschiedliche Meinungen aufeinander treffen. Dann wird deutlich, ob es eine freie Gesprächskultur gibt, ob Debatten erwünscht sind und der Diskurs über ethische und gesellschaftliche Fragen unterstützt wird.
Sich mit den eigenen Werten auseinanderzusetzen, heißt herauszufinden, wo ein Unternehmen steht. Dies kann auch dabei helfen, die richtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden.
✴️ Tipp: Haltung muss von der Unternehmensführung vorgelebt werden
Haltung in der Unternehmenskommunikation wird zum Erfolgsfaktor, wenn sie glaubwürdig und authentisch ist. Das gelingt, wenn Vorstand und obere Leitungsebene selbst eine klare Haltung einnehmen, die Mitarbeitenden im Unternehmen als wichtigste Zielgruppe einbinden und Haltung durch konkrete Taten und Projekte belegt wird. Dann erhalten die vereinbarten Werte Substanz und können glaubwürdig und schlüssig zu gesellschaftlichen Themen äußern.
Starke Leader fungieren hier als Vorbilder sowohl innerhalb der Organisation als auch nach außen. Sie sollten die die Unternehmenswerte in jeder Handlung vorleben und geschäftliche Entscheidungen an ihnen ausrichten.
Wenn es im Unternehmen Brandherde gibt, dann liegt es an der Führungskraft, unmissverständlich klarzumachen, dass z.B. rassistisches oder diskriminierendes Verhalten nicht toleriert wird und dieses Konsequenzen hat.
Ziel ist es, dass die Unternehmenswerte von allen Mitarbeitern verstanden und mitgetragen werden. Das stärkt die Integrität sowohl intern als auch extern und fördert eine kulturübergreifende Verpflichtung zu diesen Werten.
Was kann schiefgehen?
Ein Unternehmen, das Position bezieht, macht sich gleichzeitig auch angreifbar. Denn eine Position FÜR etwas bedingt automatisch auch eine Position GEGEN etwas. Und das kann durchaus zu Gegenreaktionen führen, oder sogar zu Angriffen.
Damit diese Reaktionen nicht zu einem unerwarteten Boomerang werden, ist es wichtig, eine genaue Strategie zu entwickeln, welche Positionen in welchem Kontext kommuniziert werden und wie man möglichen Reaktionen umgeht.
Unternehmen, die arglos und ohne Vorbereitung Haltung kommunizieren, werden ziemlich sicher scheitern.
Polarisierung: Die Äußerung zu kontroversen Themen kann Stakeholder spalten. Während einige die Position unterstützen, könnten andere sich abwenden oder gar gegen das Unternehmen aktiv werden.
Interne Konflikte:Nicht alle Mitarbeiter teilen möglicherweise die gleichen Ansichten. Dies kann zu internen Spannungen und Unzufriedenheit führen.
Glaubwürdigkeitsprobleme: Wenn die öffentlichen Statements nicht konsequent durch Taten unterstützt werden, kann das zu Vorwürfen wie Green- oder Pink-Washing führen. Das kann das Vertrauen in die Marke ernsthaft schädigen.
Unternehmen, die Stellung beziehen, sollten sich auf Nachfragen auch seitens der Medien gut vorbereiten.
Unerwartete Allianzen: Manchmal können Unternehmen ungewollt mit Gruppen in Verbindung gebracht werden, deren Ansichten oder Methoden sie eigentlich nicht unterstützen möchten.
Eine klare, durchdachte Strategie und ein echtes Engagement für die vertretenen Werte sind entscheidend, um diese Risiken zu minimieren und die Integrität des Unternehmens zu wahren.
Fazit: Branding with Standing
In unserer digitalen und komplexen Welt ist es wichtiger denn je, dass Unternehmen klare politische, ethische und soziale Positionen beziehen. Dabei sollten sie sorgfältig wählen, was sie kommunizieren und sicherstellen, dass sie ihren eigenen Ansprüchen und Prinzipien zuerst im Inneren gerecht werden.
Glaubwürdige unternehmerische Verantwortung beginnt mit Umsicht und Substanz, nicht mit Lippenbekenntnissen oder hohlen Phrasen. Und auch eine schwache oder neutrale ist eine Haltung.
Unternehmen, die eine starke und glaubwürdige Haltung in ihre Strategie integrieren, profitieren in vielerlei Hinsicht.
Und das wichtigste: Gut gemachte und ehrliche Haltungskommunikation leistet einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag. Und das können wir zur Zeit nun wirklich gut gebrauchen!
👉 Haltungs-Kommunikation ist in Teilen auch Bestandteil meiner Positionierungs-Workshops und wichtiger Baustein beim Personal Branding und kommt auch in meinem Personal Branding Coaching zur Sprache.